Sie keuchte vor Anstrengung. Aber sie hatte es sich genau überlegt: Wenn sie ihre Wasserration heute noch – zum vierten Mal hintereinander – nicht selbst trank sondern verkaufte dann könnte sie sich endlich das neue elektronische System kaufen. Dann wäre sie endlich einmal vor den anderen in ihrer Gruppe.
Ihr wurde schwindlig und sie musste sich kurz setzen. Sie versuchte die Sterne, die vor ihren Augen tanzten, mit einem Wischen über die Augen verschwinden zu lassen.
Leise keuchend saß sie da. Um sie herum strömten die Leute wie das Wasser, das sie hatten.
Fließend, mit geschmeidigen Bewegungen, wenn es ausreichend war. Heftig sich einen Weg durch die Menge bahnend, wenn sie über viel des kostbaren Nasses verfügten. Tröpfelnd wie ein Rinnsal, wenn sie wenig davon hatten.
Und manche saßen so wie sie. Auf ihren Gesichtern zeichneten sich die Furchen ihrer kurzen Lebensgeschichte ab wie die vergangenen Fluten in einem ausgetrockneten Flussbett.
Sie musste aufstehen und weiter gehen. Sonst waren die kaufkräftigen Interessenten schon alle weg und ihr blieb nur übrig, ihre Ration an diejenigen zu verkaufen, die es eigentlich nicht brauchten und daher den Preis drücken würden.
Und dann hatte sie vielleicht nicht genug Geld und alles wäre vergebens.
Sie stemmte ihre kleine Hand gegen den Boden um sich hoch zudrücken. Wieder wurde ihr schwindlig. Sie zwang sich trotzdem, sich zu erheben und ihren Beinen das Weitergehen zu befehlen.
Ein Schritt – noch ein Schritt.
Was war dieses Wispern, dass sie in hörte. Es klang wie die Erinnerung aus längst vergangenen Tagen, wie Wassertropfen, die auf die ausgetrocknete Erde vielen. In vielen verschiedenen Stimmen, je nachdem, wovon sie abprallten. Sie, diese kostbaren Wassertropfen, die Leben vesprachen.
Sie wandte den Kopf Richtung Himmel. Aber von dort brannte nur die Sonne auf sie hinunter.
Aber da – war da nicht ein leichter Schleier wie von Wolken, der sich über das Himmelsgestirn zog? Ein Schleier, der sich immer mehr verdichtete und schließlich die Sonne verdecket.
Es waren Wolken – und das Geräusch der auftreffenden Wassertropfen wurde intensiver und lauter.
Sie fing an zu lachen und auf der Straße zu tanzen. Warum freuten sich die anderen nicht? Warum sahen sie sie so komisch an? Merkten sie nicht, dass es regnete? Zum ersten Mal in ihrem Leben regnete?
Ihr Lachen wurde immer lauter … und schriller. Bis sie zu Boden fiel. Und das Lachen für immer verstummte.